Archiv 2016
NATALIA KLITSCHKO
Album: „Naked Soul“
VÖ 12.02.2016
TV-Auftritte:
12.02.2016 N 3 ‚NDR Talkshow‘ – 22:00h - 24:00h- Teaser:
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/ndr_talk_show/NDR-Talk-Show,sendung479264.html
01.03.2016 RBB ‚Zibb‘ 18:30h - 19:30h
Tourdaten:
19.05.2016 Coswig Börse
20.05.2016 Hamburg Laeiszhalle (kleiner Saal)
22.05.2016 Berlin Heimathafen
23.05.2016 München Freiheiz
„Meine Seele entscheidet, in welcher Sprache ich singe“, sagt Natalia Klitschko. „Meist ist das Russisch oder Ukrainisch. Wie könnte es auch anders sein? Russisch, das war die Sprache, die wir täglich in der Schule sprachen, und meine tiefsten Wurzeln sind ukrainisch – genau wie die Volkslieder, die wir damals zu Hause sangen.“
Mittlerweile singt Natalia Klitschko keine Volkslieder mehr, zumindest nicht auf ihrem Debüt-Album „Naked Soul“. Sie singt ihre eigenen Songs, geschrieben gemeinsam mit ihrem musikalischem Weggefährten, dem Komponisten und Pianisten Oliver Grenville, aufgenommen in den Capellmeister-Studios vor den Toren Hamburgs unter der Regie von Peter Hoffmann, einem der renommiertesten Produzenten des Landes. Doch ihre Sprachen sind der Musik erhalten geblieben - die Songs tragen lediglich englische Titel, aus Rücksicht auf ihre Mitstreiter. „Niemand im Studio hat meine Texte verstehen können, doch dieser Umstand hat nicht nur viel Kraft erfordert, sondern den Aufnahmen auch sehr viel Kraft gegeben: Ich war gezwungen, ganz tief in das Gefühl hinter meinen Worten hinab zu steigen, damit ich mich nur über den Klang meiner Stimme verständlich machen konnte. Im Rückblick erinnert mich das sehr an meine Kindheit und Jugend: Damals sangen, liebten, lachten und weinten wir zu westlicher Musik - zu Songs, deren Sprache wir nicht verstanden. Und wir fühlten trotzdem, um was es ging. Wenn die Seele singt, tritt die Sprache in den Hintergrund.“
Manchmal kraftvoll, oft fast flüsternd, immer hautnah am Ohr des Zuhörers: In ihren Songs gibt Natalias Stimme hörbar Intimes preis, ohne dass es dafür weiterer Worte bedürfte. Eine kleine, vornehmlich akustische und sehr variable Besetzung agiert dazu überaus feinfühlig, vom balladesken „Hidden Soul“ über das lebensfrohe „Under The Rain“ bis hin zu „Let Me Go“, dem letzten und einzigen englischsprachigen Titel des Albums, einem fast traditionell swingenden Blues. Die atmenden, bisweilen von Latin-Klängen durchzogenen Jazz-Arrangements werden getragen von Piano und Kontrabass, ergänzt durch einzelne, die Stimme umspielende Streicher, durch behutsam eingesetztes Schlagwerk und andere, zum Teil überraschende Klangfarben. Eine solche Klangfarbe ist nicht zuletzt auch die für westliche Ohren ungewohnte Sprache - eine wirkliche Entdeckung: Die Passagen in Russisch und dem noch fließenderen Ukrainisch bereichern die chansonhaften Melodien der Songs um sehnsüchtige Melancholie und um einen geheimnisvollen, fast exotischen Reiz.
Genauso nah und zugleich universell wie die Musik sind auch die Geschichten der Songs. Es geht um die Liebe - in allen Ausprägungen dieses Gefühls: „Liebe umfasst für mich alles, sie hat so unendlich viele Schattierungen, ist so stark und zugleich so fragil. Ich brauche diese Brüche und unplanbaren Wege, die dieses Gefühl ausmachen. Gleichförmigkeit ist Tod - die Höhen und Tiefen der Liebe, das ist für mich Leben. Deshalb haben auch meine Songs all diese Farben, von ganz hell bis nachtschwarz. “
Musik ist für Natalia von kleinauf ein fester Teil des Lebens. Ihre Eltern sind Musiker, sie selbst singt, seit sie denken kann: auf Familienfeiern, im Chor der Pioniere, später auch bei Solo-Auftritten an ihrer Schule in Brovary, einer Stadt am Rande von Kiew.
„Am Ende meiner Schulzeit hatte ich den festen Wunsch, Gesang zu studieren. Das war 1991, und fast zeitgleich kollabierte die gesamte UdSSR. Plötzlich war einfach kein Platz mehr für Kunst - es ging für uns alle darum, durchzukommen und zu überleben.“ Nur wenig später geht es dann bereits darum, ihren bald drei Kindern und den familiären Aufgaben als Frau eines Weltstars und Politikers gerecht zu werden. Platz für die Musik ist immer, wenngleich meist nur in kleinem Rahmen oder auch ganz für sich: „Ich muss einfach singen, in jeder Gefühlslage. Wenn ich nicht singe, dann stimmt etwas nicht mit mir, das ist ein Alarmsignal.“
Je älter die Kinder werden, desto mehr Zeit wird frei, sich den in ihren vielen Notizbüchern gesammelten Gedanken und Geschichten zu widmen und diese zu vertonen. Die Begegnung mit Oliver Grenville ist in diesem Prozess eine glückliche Fügung des Schicksals: Grenville trifft Natalias Ton, so intuitiv, als habe er selbst slawische Wurzeln. „Ich hatte das große Bedürfnis, Erlebnisse meines Lebens in Musik auszudrücken. Und ich bin sehr froh, dass ich wir uns dafür sehr viel Zeit nehmen konnten: Wie ein Maler, der sein Bild malt, ohne dass ihm irgendjemand diktiert, wie oder was er zu malen hätte. Ganz wahrhaftig und offen. Für mich, aber auch für die, die mir zuhören - ich glaube, nichts berührt Menschen so sehr wie die Wahrheit, wie echte, aufrichtige Emotion.“
Aus diesem Grund singt Natalia eines Tages auch auf einer Bühne auf dem Maidan, nicht einen ihrer Songs, sondern eine alte ukrainisches Weise. Noch in der Nacht zuvor hat sie ein Konzert in einem Hamburger Club gegeben. Als kurz darauf die Nachricht von der Revolution die Runde macht, von den ersten Toten in Kiew, entscheidet sie spontan, sofort in die Heimat zu reisen. „Ich hatte es nicht geplant, dort zu singen. Aber als ich mit meinem Mann durch die Menschenmenge zur Bühne ging, war die Situation sehr angespannt. Singen bedeutet viel für das slawische Volk, es bringt alle zusammen - wenn sie singen, öffnen sie ihre Herzen. Es kam einfach aus mir heraus, und dort, wo ich gerade noch so viel negative Energie gespürt hatte, war nun für einen Moment ganz viel Ruhe und Kraft.“ Natalia Klitschko spricht ganz bewusst vom „slawischen Volk“, sie will und kann nicht trennen zwischen Russen und Ukrainern: „Wir sind wie Bruder und Schwester, doch in die Seelen wurden Hass und Misstrauen gepflanzt - Gefühle, die dort früher nicht waren. Und nun leiden Menschen, die sich in ihren schlimmsten Albträumen nicht hätten vorstellen können, jemals gegeneinander kämpfen zu müssen. Mein Album vereint beide Sprachen, vielleicht ist es mein kleiner Beitrag, um auch die slawische Seele wieder zu vereinen.“